Lahmheitsseminar - Notfall Harley

Lahmheitsseminar - Notfall Harley

Seit längerer Zeit bietet die Tierklinik Schönbühl immer wieder Halbtages-Kurse für interessierte Pferdebesitzer, wie auch Therapeuten an. 

Besonderer Beliebtheit erfreut sich dabei das Lahmheits-Seminar. 

Ist doch gerade das Thema immer wieder sehr schwierig: lahmt nun dieses Pferd? Ja? Nein? Und falls ja ist nun trotzdem Bewegung angesagt oder doch lieber gleich den Tierarzt? 

Da ich auch als Therapeut immer wieder in solchen Dingen um Rat gefragt werde, finde ich es wichtig diesbezüglich auch mein Auge zu schulen. 

Dafür war dieser Kurs in der Klinik ideal. 
In Rund 2h haben wir einen theoretischen Teil erhalten, welcher aber auch mit sehr vielen Beispiel-Videos gespickt war und somit sehr kurzweilig. 
Danach durften wir während 2h an zwei Patienten unser Auge schulen, wurden aber auch Zeugen der neuesten Technik. 
Seit einigen Jahren sind diverse Geräte mit Sensoren auf dem Markt, welche anhand der Bewegung des Pferdes darüber Aufschluss geben können, welches Bein nun am ehesten betroffen ist. 
Die ganz neuste Technik ist aber KI (Künstliche Intelligenz). 
Hierbei gibt es eine App mit welcher man ganz einfach das Pferd in Bewegung mit oder ohne Reiter filmen kann. Diese Filme werden dann eingeschickt und mittels KI ausgewertet. Die Genauigkeit ist dabei wirklich verblüffend. 
Beide Tools sollen eine Unterstützung sein, ersetzen aber natürlich nie das gute Auge sowie die Erfahrung eines guten Tierarztes / einer guten Tierärztin. 

Der Vormittag war sehr spannend und aufschlussreich (mein Auge hat mich nie getäuscht????). 

Womit ich nie gerechnet hätte, ist dass ich einen Tag später mit dem eigenen Pferd in selbiger Klinik stehe... 
Als ich am Sonntag in den Stall kam um Harley für unsere erste Stunde in Handarbeit bereit zu machen, fiel mir auf, dass er sein rechtes Hinterbein schonte. Zuerst dachte ich mir nicht viel dabei, da dies eh immer sein schwaches Knie ist. 
Beim Hufe-Auskratzen fiel mir dann aber eine Blutspur auf. Als ich dieser nach oben folgte und die Decke anhob um die Quelle zu finden, sah ich das sein Sprunggelenk rund um das doppelte geschwollen war. 
Als wir dann etwas rund um die Wunder drückten, kam eine gelbliche Flüssigkeit aus der Wunde und Harley zeigte deutlich Schmerzen.  
Sicherheitshalber rief ich unseren Tierarzt auf dem Notfall an. Diese kam dann auch innert 30min. 
Um besser untersuchen zu können, sedierten wir Harley leicht. Mittels einer Sonde schaute die Tierärztin dann wie tief die Wunde ist. 
Ab dem Ergebnis schüttelte sie den Kopf. Die Wunde war zu nah am Gelenk und somit war es nicht sicher, ob dieses nicht auch noch betroffen sei. Das Risiko sei ihr zu Gross und es wäre besser, wenn wir Harley in eine Klinik zum Röntgen fahren würden. Im schlimmsten Falle sei das Gelenk verletzt und dann müsste Harley unter Narkose abgelegt werden, um das Gelenk zu spülen. Oje... 
Zu unserem Glück war rasch ein Anhänger organisiert und mein Schatz war so lieb und hat uns in die Klinik nach Schönbühl gefahren. Harley stand sogar innert 10min im Hänger. 
In der Klinik wurden wir sofort von einer Tierärztin und Assistentin in Empfang genommen. 
Erneut wurde Harley sediert, um ihm so möglichst die Schmerzen der Untersuchung zu ersparen. Das Gelenk wurde geröntgt und auf den ersten Blick sah es so weit gut aus. Keine Absplitterungen, keine Luft ums Gelenk herum. Um sicher zu gehen, wurde aber noch eine Spezialistin gerufen. So wurde das Gelenk noch ein zweites Mal geröntgt, dieses Mal mithilfe einer Sonde. So sah man auf dem Bild genau wie tief die Wunde war. Und man sah auch, dass das Gelenk noch haarscharf davon gekommen war. 
Da aber Harley sichtlich Schmerzen hatte und die Wunde doch recht gross war, wurde beschlossen ihn stationär in der Klinik aufzunehmen. Sicher bis am Mittwoch, wenn nicht sogar bis am Freitag. Für die Medikation wurde ein Katheter gesetzt und Harley durfte in einer grossen Box sein Quartier beziehen. 

So fuhr ich jeden Abend noch schnell nach Schönbühl, um ihm etwas Gesellschaft zu leisten, ihn zu kraulen und putzen. 
Den ersten Abend gab er mir sehr stark zu spüren, dass er wütend ab meiner Entscheidung war. Ganz entgegen seiner Art, stand er mit dem Kopf in die Ecke der Boxe und wendete mir so seinen Po zu. Da half nicht einmal Kraulen oder sein Lieblingsputzzeug. Zurück im Stall bei Flash, hinterfragte ich meine Entscheidung massiv und sass lange weinend bei Flash in der Boxe. 
Einen Tag später war Harley dann aber schon munterer. Bis und mit Mittwoch bekam er starke Medikamente, danach wurde die Medikation heruntergefahren und um sicher zu gehen, dass er das Bein wieder normal belastet, wurde er noch bis am Freitag in der Klinik belassen. 

Zurück im Stall heisst es nun sicher 2 Wochen Boxenruhe für den Süssen.  

Er wird regelmässig mit Shiatsu unterstützt. Vor allem der Rücken dankt es mir. Alle 2-3 Tage muss die Wunder ausgewaschen und neu verbunden werden. Wichtig ist nun, dass kein Dreck in die Wunde kommt. Morgens und abends erhält er nun noch Rota bis dieses Aufgebraucht ist. Sobald die Medikation abgesetzt ist, werde ich auch noch Blutegel ansetzen um die Wundheilung anzukurbeln. 

Die nächsten zwei Wochen werden nun ziemlich intensiv für uns beide, aber ich bin überzeugt, dass wir auch daraus gestärkt hervor gehen werden. 

Ich möchte auf diesem Wege allen danken, welche uns aktiv unterstützt haben oder auch nur in Gedanken stets bei uns waren. DANKE ihr seid die Besten!